B2B-Außendienstler: Wem die Stunde schlägt

(Credit: Zerophoto / Fotolia)

B2B-Händler, die immer noch an die Macht ihres Außendienstes glauben, setzen auf das falsche Pferd, prognostiziert die Managementberatung Bain & Company in ihrer aktuellen Studie „Bought not sold: Marketing and selling to digitally empowered business customers“. Wie ihre Studie zeigt, fallen auch im B2B-Segment 70 Prozent der Kaufentscheidungen vor dem Erstkontakt mit einem Vertriebsmitarbeiter. Unternehmen, die in der digitalen Welt weiter erfolgreich sein wollen, „nutzen Big Data zur präzisen Analyse ihrer Kunden, erreichen diese zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Kaufprozess und unterstützen sie mit wichtigen Informationen in den richtigen Kanälen“, erklärt Tobias Umbeck, Partner bei Bain & Company und Experte für Marketingstrategien.

Viele Unternehmen sind dazu allerdings noch nicht in der Lage. Nach einer weltweiten Bain-Befragung von Marketing- und Sales-Managern fühlen sich lediglich zwölf Prozent gut auf die neuen Realitäten vorbereitet. Dabei sollten sie sich schnellstmöglich darauf einstellen, dass die bisher getrennten Ressorts Marketing und Vertrieb verschmelzen, die Gesamtzahl der Vertriebsmitarbeiter im Unternehmen sinkt und die oft grobe Kundensegmentierung durch eine datengestützte Analyse auf Einzelkundenbasis ersetzt wird.

Immerhin sieht sich fast jedes fünfte Unternehmen laut Bain-Studie bereits heute gut gerüstet für das neue Kräfteverhältnis zwischen B2B-Verkäufern und -Käufern. Diese Vorreiter untermauern ihren messbaren Markterfolg mithilfe von drei Strategien:

1. Informationen, die der Kunde wirklich will
Für Unternehmen ist es schwieriger denn je, eine Marke positiv im Bewusstsein der Geschäftspartner zu verankern. Die Käufer bilden sich ihre eigene Meinung – durch Testberichte, Produktbewertungen von Nutzern und Kommentare in den sozialen Medien. Umso wichtiger ist es, rechtzeitig Einfluss auf die Entscheidungsfindung des B2B-Kunden zu nehmen. Die Vorreiter der Bain-Studie setzen daher intensiv auf Content-Marketing. Sie bieten dem Kunden in allen Informationskanälen nützliche und spannende Inhalte, die dieser wirklich will oder von sich aus anfordert. Ein gutes Beispiel ist die in Dänemark ansässige weltgrößte Container-Reederei Maersk. Der Konzern nutzt die sozialen Netzwerke äußerst professionell: Blogs der Kapitäne, kleine Porträts außergewöhnlicher Mitarbeiter, dramatische Fotos von Schifffahrten durchs Packeis. Mit diesen Content-Marketing-Maßnahmen erreicht Maersk auf Facebook, Twitter und Instagram ein Millionenpublikum – zu einem Bruchteil der Kosten des herkömmlichen Werbemarketings.

2. Relevante Kundendaten sammeln und intelligent auswerten
Viele Unternehmen sitzen auf einem wahren Schatz von Informationen über ihre B2B-Kunden, wissen ihn jedoch nicht zu nutzen. Es fehlt im ersten Schritt die systematische Analytik: Welche Produkte hat der Kunde in der Vergangenheit gekauft? Was bevorzugten ähnliche Käufer? Was recherchieren potenzielle Kunden gerade in Echtzeit auf der Website des Unternehmens? Wer über diese Informationen und die entsprechende Analytik verfügt („Big Data“), erkennt die wahren Bedürfnisse seiner Kunden und kann sie in einem zweiten Schritt gezielt über neue Produkte oder Kampagnen informieren. Der Anbieter differenziert auf diese Weise nicht mehr grob nach Käufergruppen, sondern umsorgt jeden einzelnen Kunden, indem er seinen speziellen Bedürfnissen entspricht („Segment of One“).

3. Dynamischer Kaufprozess und ein überzeugendes Einkaufserlebnis
Geschäftskunden verlangen ebenso wie Endverbraucher den schnellen und effektiven Kontakt zum Produktanbieter. Unternehmen, denen es gelingt, diese Anforderung zu erfüllen, erzielen qualitativ höherwertige Kundenkontakte und bessere Abschlussraten. Ein in der Bain-Studie genannter Softwarekonzern hat seine komplette Vertriebsstruktur umgestellt – weg vom „One size fits all“-Konzept hin zu einem dem jeweiligen Kundensegment angepassten Modell. Für Hunderte von Großkunden heißt das: Sie haben hoch spezialisierte Ansprechpartner auf allen Hierarchieebenen des Anbieters und eine Vertriebsabteilung, deren Vergütung sich nach der Dauer der Kundenbeziehung richtet. Kleine und mittelgroße Kunden erhalten ein flexibles Testkaufmodell („see, try, buy“) und können Software für einen gewissen Zeitraum kostenlos nutzen. Entschließen sie sich zum Kauf, werden sie nicht nur von IT-Experten des Unternehmens unterstützt, sondern auch von den Verkaufsmanagern hinsichtlich sinnvoller weiterer Produkte beraten.

Das veränderte Kundenverhalten in der digitalen Ära ist für die Verantwortlichen in Vertrieb und Marketing eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, auf die sich das Management jetzt einstellen muss, warnen die Consultants. Die wichtigsten Fragen, die sich die Führungsspitze in dem Zusammenhang stellen muss, sind den Experten zufolge: Agieren die Marketing- und Verkaufsteams bereits als Einheit? Ist die eigene digitale Strategie schon so weit entwickelt, dass die Zielkunden auf allen Kanälen erreicht werden? Sind die gesammelten Kundendaten aussagekräftig genug, um das Verhalten potenzieller Käufer zu prognostizieren und ihnen während des Kaufprozesses eine rundum positive Erfahrung zu ermöglichen?

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